doch gemahnte sein ganzer Habitus frappant anJust" in Lessing's Minna von Barnhelm. Er sah eben so ehrlich aus, so grob und so verschmitzt, und die Zornesröthe über die schlechte Welt, die permanent ans seiner Nase glühte, bewies, daß Möbe eben so wenig wie Just ein Verächter vomveritablen Danziger" oder irgend welcher anderen den Mäßigkeitsvereinen anstößigen Flüssigkeit war.

Ja, guter Möbe!" sagte ich achselznckend,da ist nun einmal nichts zu machen."

Wat? nischt? I, dat wäre ja!" brummte Möbe, wäh­rend er ein - gewaltig auflvderudes Feuer von Hobelspänen im Ofen entzündet hatte,dat wollen wir doch einmal sehen!" und paff! kachelte er einen Eichenkloben mit solcher Gewalt in den Ofen hinein, daß dieser ordentlich dröhnte.Da soll ein heiliges Donnerwetter drein schlagen, wenn dat nicht brennt!" - und paff! Paff! hinterher ein zweiter.I, daß dich die Schwerenoth! Na, so Wat lebt nich! Na, so muß't kommen!" u. s. w., und jeder derartigen Ex- klamation der Entrüstung schleuderte Möbe einen Kloben wie ein rie­siges Ausrufungszeichen hinterdrein in den Ofen.

Es war ein Feuer, bei dem man bequem einen hochseligen Frank­furter Krömmgsochsen hätte braten können. Der gigantische Lehmofen mit seinen zehrenden Gluthen im Innern erschien mir wie das rus­sische Kaiserreich ein thönerner Koloß nur daß ihm die Eisen- süße fehlten. Eines schönen Tages, dachte ich, und

Wollen der Herr Leutnant nicht spazieren gehen? et könnte hier ja rauchen!" sagte Möbe, sich wie Inst in der Scene, wo er Tell- heim seine Rechnung überreicht, den Rauch ans den Augen wischend, doch mit einem gewissen schlauen Seitenblicke.

Mir ahnte etwas von einer Katastrophe. Es war gerade Frei­stunde, und in der That fing der Ofen an zu rauchen; jedenfalls, dachte ich, wär's diskret, Möbe mit dem Ofen allein zu lassen und mich noch ein weniges draußen umzusehen; außerdem war ich ja noch meinen Mitgefangenen am Oberthor die Antrittsvisite schuldig.

Es waren deren beim Antritt meiner Hast nicht viele. Zwei El- binger Kauflente saßen wegen fahrlässigen Bankrotts; ein Artillerie- Leutnant v. Scz., Pole bis zum Fanatismus, wegen Insubordination; ein Oekonom aus Gnesen wegen schwerer Mißhandlung seines Die­ners. Ein seltenes Verbrechen büßte ein gewisser El. ab; obwohl selbst katholischer Confession, hatte er in der Domkirche zu Kulm wäh­rend des Hochamtes am ersten Ostertage, aus der dichtgedrängten knie­enden Menge hervorstürzend, das Kruzifix vom Altar gerissen, auf den Boden geschleudert und ehe noch die bestürzten Priester interveniren konnten, unter lauten Verwünschungen und Flüchen mit Füßen getre­ten. Das irre, scheue Wesen dieses Mannes, der mit Niemandem Umgang pflog, ließ kauni einen Zweifel darüber aufkommen, daß der­selbe zweckmäßiger im Jrrenhanse als auf der Festung untergebracht worden wäre. Ein Fähnrich v. G. wurde auf Gesuch seines Onkels und Vormundes, des Generals v. G., durch besondere königliche Ver­fügung nun schon Jahr und Tag gefangeu gehalten. Sein ganzes Verbrechen war, daß er nach dem vulgären pädagogischen Ausdrucke nicht gut thuu wollte." Ob der Pädagogische Zweck erreicht worden ist, Hab' ich starken Grund zu bezweifeln; von mir wenigstens kann ich nicht sagen, daß ich die Festung gebessert verlassen hätte.

(Fortsetzung folgt.)

Der Freikauf.

Eine nkrain'sche Votksgrschichte.

AuS dem Kleimusstschcn des Mark Wowtschka von I. S- Turgunieln. Jus Deutsche übersetzt von H. v. Lankenau.

(Fortsetzung.)

4 .

Da kamen wir denn auf den herrschaftlichen Hof. Die Sonne stand schon ziemlich hoch.

Wir fragen > die Herrschaft schläft.

Wir setzen uns neben das buntbemalte Treppengeländer, vor uns den Garten. Hierhin Wege, dahin Wege, alle mit gelbem Sand bestreut, und Blumen ohne Zahl, auf runden, kleinen Beeten, eine Menge grüner Brnckchen, alle so sauber und rein, Alles so ordentlich.

Ein hübsches Gärtchen, Jakob," sage ich.

Ja, Onkelchcn," antwortete er.

Lange saßen wir so, Angst im Herzen, und warteten.

Die Herrschaft ist anfgestanden," heißt es endlich.

Man rief uns ins Zimmer.

Wir treten ein bunt wurde es vor unfern Angen: grün und blau,' roth und weiß, was war da nicht Alles ! Vielleicht habt Ihr einmal eine Jahrmarksbüoe gesehen: Vieles, Vieles ist in derselben, alles Mögliche, mit Einemmale kann man's gar nicht übersehen, was Schönes darin ist und was mit Erlaubniß zu sagen, nichts taugt, Alles bunt und bunt. Ebenso hier: Alles blitzte und funkelte.

Ein paar herausgeputzte junge Fräulein liefen durchs Zimmer, dreheten nnd wendeten sich, gerade wie Elstern, sahen nns an, und im Handumdrehen waren sie wieder hinaus. Zuletzt, etwa schon um Mit­tagszeit, kam endlich die Herrin selbst hereingewatschelt gerade als ob

sie auf Rädern wäre, rund und dick, in Atlas und mit einer Menge Ringen an den kleinen, vollen Händen,

Sie watschelte gerade zum Spiegel, drehte sich ein paar Mal hin uud her, besah sich von allen Seiten und dabei rauschten ihre Kleider gerade wie wenn man in trockenem Laube geht. Dann warf sie sich in einen Lehmstuhl wie in eine Schaukel und nun erst betrachtete sie uns.

Was wollt Ihr?" fragte sie.

Wir sind zu Ihrer Gnaden gekommen," sage ich;so und so ist unser Anliegen."

Dabei verbeugte ich mich aber tief, sehr tief.

Sie hört uns an, betrachtet uns dann aufmerksam und sagt, wie jetzt Alles so theuer geworden, daß bei dem und dem Herrn sich vor Kurzem ein paar Burschen freigekauft und ein halbes Tausend Jeder dafür gezahlt habe.

Bei welchem Herrn mag das wohl gewesen sein, Herrin?" frage ich, wieder mich tief verbeugend.

Was geht das Dich an? Das kann Dir ganz gleichgültig sein," antwortete sie hochmüthig.

Ja, da ist denn nichts zu machen," sage ich.Bei dem Herrn - Schenke ihm Gott Gesundheit müssen die Leute ein gutes Le­ben haben, nm so reich ni werden."

Und für wie viel Aaubst Du Dich denn freizukaufsn?"

Wir, Herrin, hatten nach unserem Gelde gerechnet, aber wir sehen, Gott will es nicht."

Wie viel hast Du denn geglaubt?"

Ach, wozu sollen wir Ihre Gnaden umsomst länger beschwerlich fallen? Gebe Gott Ihrer Gnaden Gesundheit!" sage ich, und wende mich zur Thür.

Jakob zieht mich heimlich beim Rock:

Onkelchen;" sagte er.

Ich aber drohe ihm verstohlen:

Ruhig, stör' mich nicht!"

Hör' einmal, Du," ruft die Herrin.Wart' !"

Ich wende mich um.

Für wieviel wollt Ihr Euch freikaufen?"

Ich aber halte noch immer zurück.

Wozu," sage ich,sollen wir Ihre Gnaden beunruhigen."

Nun sehe ich aber, wie meine Herrin über und über roth wird und ich setze schnell hinzu:

Ich hatte gedacht, Ihre Gnaden, zweihundert Silberrubel würden reichen."

Und sie antwortete mir:

Du bist aber wahrscheinlich ein alter Esel, so was nur zu glauben." - ...

Und nun gings los, Schimpfreden über Schimpfreden.

Ich aber, ich verbeuge mich nur immer tief nnd antworte kein Wort, als ob sie ganz vernünftig spräche und vollkommen Recht habe.

Endlich hatte sie sich ansgeschüttet; sie war müde geworden.

Wenn Du Dich wirklich freikaufen wistst," sagte sie endlich,so ist mein letztes Wort: für dreihundert mag's darum sein, aber gleich, sonst später laß ich Dich für Tausend nicht ab!"

Wie mein Jakob diese frohe Nachricht hört, so: fällt er, wie ein Narr vom, ihr gerade zu Füßen, dankt und dankt und wofür? daß man ihn mit dem Fett aus seinem eigenen Fell schmiert.

Nun, und wo ist Euer Geld? habt Ihr das Geld mitgebracht?"

Nein, Ihre Gnaden," sage ich,etwas haben wir hier bei uns,

- aber nicht Alles."

Ich brauche aber," schreit sie,gleich Geld! heute noch fahre ich in die Stadt , daß Ihr mir auch dahin kommt! wo nicht, wird nichts daraus; dort werde ich dann Alles mit Euch beendigen. Geht jetzt und holt Geld!"

Selbst aber läuft sie zum Glockenzug und schellt, daß man's im ganzen Hause hört. Dienerschaft und Mädchen kommen eiligst gelaufen.

Auf der Steue soll meine Kalesche anspannen!" ruft sie ihnen entgegen.

Und selbst watschelt sie wieder hin und her, nimmt bald ein Papier hinter dem Spiegel hervor, macht bald dieses, bald jenes Kästchen auf, und hinter ihr drein laufen zwei junge Mädchen und helfen ihr suchen, wie ein paar scheue junge Pferdchen.

5 .

Während man so auf dem herrschaftlichem Hofe Alles zur Fahrt fertig- machte, liefen wir rasch nach Chmelintzo, brachten durch unseree Nachricht Alles in Jubel, Lachen und Freude .und eilten eben so rasch wieder auf den herrschaftlichen Hof.

Die Herrin ließ uns eine Telege anspannen; selbst aber setzte sie sich in eine hohe Kalesche. So fuhren wir denn mit Gott ab.

Unsere Stadt ist eben eine Stadt, die nicht viel sagen will. Mein seliger Vater hat mir erzählt, wie einstmals vor langen Jahren Ata­mane nnd Kriegshauptleute da lustig lebten und wie hoch es dann dann dort herging. Wo man auch hinblickte, überall tapfere Krieger, so viel wie rother Mohn im Felde. Heutzutage aber haben sich sehr viele Juden dort angesiedelt, dann noch einige Herrschaften. Am Markttage nur sicht man noch mitunter Leute sonst aber selten einen Menschen.