Unsere Herrin war beim alten Juden Moschko abgestiegen. Die Zimmer bei ihm sind Wohl gut und hoch, nur riecht es darin überall nach spanischem Pfeffer.
Sie schickte sogleich fort und ließ einen Schreiber, einen gewissen Sacharowitsch, rnfen, uns aber befahl sie, an der Thür zu warten, bis er komme.
Er kam auch bald. Es war. eine unansehnliche, schäbige Figur mit pockennarbigem Gesicht, gerade wie ein Sieb. Blaue, weite Beinkleider , ein überall zu enger und zu kurzer Rock, ein grünes, schmieriges Halstuch, unter dem Arm die Mütze, so trat er, sich krümmend und verbeugend, ein; seine Stiefel allein waren schön geschmiert, nur ihm zu groß.
Die Frau ließ ihn gleich zu sich rufen.
Wenn sie bei uns mit irgend Jemand spricht, sitzt sie wichtig, wie ein tüchtiger Kohlkopf im Gemüsegarten, im Lehnstuhl und betrachtet, was Du für Augenbraunen, für einen Schnurrbart hast, wie Du gekleidet bist, so daß man immer ganz verlegen wird. Allenfalls wenn eine vornehme Person, ein General oder so. etwas kommt, nun, dann nickt sie mit dein Kopfe und macht ein freundliches Gesicht.
Wir warten unterdessen noch, bis die Herrin den Sacharowitsch um Rath gefragt hatte. Endlich kam er heraus, winkte uns zu und sagte:
„Kommt mit mir." ^
Und die. Herrin rief auch aus dem Zimmer:
„Geht mit ihm!"
(Schluß folgt.).
GerichtszeiLnng.
Amtsgericht Brake.
Ordentliche Polizeigerichtssitzung am 10. Januar, Vormittags 10 Uhr.
Gerichtsschösfen: Herr Landmanu Äoh. Ehr. Rolfs, Sandfeld.
„ „ Gerd Böning, Süderfeld.
Die Verhandlungen werden betreffen:
1. Contravention der Wegordnung.
2. Groben Unfug.
Borschnß-Verein zu BraLe.
Ueberstcht der Casseubewegungen im Monat November 1864. Einnahme.
Cafsebestaud 1. Dcbr. Ct-H
Zurückgezahlte Vorschüsse und Darlehen Einlagen Zinsen
Stammantheile Eintrittsgelder rc.
Verschiedenes
1203 1 3
10254 22 5
6631 -
614 14 5
270 10 — 18 20 — — 5 —
Ausgabe.
Gegebene Vorschüsse und Darlehen Ct
Zurückgezahlte Einlagen
Zinsen
Zurückgezahlte Stammantheile Geschäftskosten
14556 6 6
2636 25 3
28 4 —
1 -
9 23 3
Cassebestand 31. December
1760 14 1
Im Rechnungsjahre vom 1. Januar bis 31. December 1864: Gesammt-Einnahme Crt.^P 151,081 15 2
Gesämmt-Ausgabe 149,321 1 1
E. H. Bauch. Ed. Klostermann. Direktor. Cassirer.
Ver in ischtes.
Die „Oldenburger Zeitung" bringt eine Gesammt-Uebersicht des Verkehrs mit Vieh, welcher 1864 bei Nordenhamm stattgehabt hat. Danach sind in 74 Fahrten vom 25. April bis 14. December nach England verschifft: aus dem Oldenburgischen 2 Pferde, 120 Stiere, 5275 Ochsen, 1514 Kühe, 598 Jungvieh, 1109 Schafe, 977 Hammel — zusammen 9595 Stück; —> aus dem Herzogthum Bremen 25 Stiere, 298 Ochsen, 235 Kühe, 49 Jungvieh, 121 Schafe, 71 Hammel, 3 Büffel — zusammen 802 Stück; — von Magdeburg 155 Ochsen; — außerdem wurden über Nordenhamm nach dem Oberlande (meistens zur Zucht) ausgeführt: 49 Pferde, 59 Stiere, 186 Ochsen, 276 Kühe, 976 Jungvieh, 122 Schafe, 94 Hammel. Die Seedampfer des Norddeutschen Lloyd vermittelten mithin einen Verkehr zwischen Nordenhamm und England von im Ganzen 10,255 Stück, die
Dampffähre aber einen solchen von 2811 Stück (incl. 92 St., welche nach Bremerhafen und Geestemünde bestimmt waren). Außerdem wurde die Dampffähre zwischen Nordenhamm, Blexen und Bremerhafen im Jahre 1864 von nahezu 18000 Personen benutzt.
In dem zu seiner Zeit vielgelesenen Romane Oliver Twist von Dickens tritt bekanntlich ein alter Jude auf, der einige Knaben in Kost und Wohnung hat, die er zum Stehlen abrichtet und anhält. Etwas Aehnliches ist jetzt hier in Berlin vorgekommen. Ein Knabe, der seiner Mutter entlaufen war, kehrte in den letzten Tagen zu derselben zurück und gestand, auf die eindringliche Frage, wo er die Zeit über gewesen, daß er bei einer Wittwe in der Bernauerstraße Nr. 2, eine Treppe hoch sich aufgehalten und daß dort noch mehrere Knaben unangemeldet sich befänden, die das Diebshandwerk betrieben. Die Mutter machte von der Sache gleich der Criminalpolizei Anzeige, und diese machte am Sonnabend Morgen. um 6 Uhr der Wittwe einen unerwarteten Besuch. Es wurden bei ihr acht junge Burschen im Alter von 11 bis 18 Jahren angetroffen, die, wie sich herausstellte, sämmtlich schon bestraft sind und zum Theil unter Polizeiaufsicht stehen. Einige lagen auf der Erde auf Strohsäcken mit altem Plunder zugedeckt, andere wurden unter dem Bett und aus Winkeln hervorgeholt. Die Küche der Wohnung glich einer Hexenküche, so viel Tiegel und Töpfe standen umher, in letzteren befand sich Schmalz, Fleisch, Butter und andere Eßwaaren, Alles mit zollhohem Schimmel versehen. Als gestohlen wurde in Beschlag genommen ein kupferner Waschkessel, Casserollen, ein Plätteisen, ein Faß mit russischen Sardinen, Taschentücher, einige leere Portemonnaies und sonstige Sachen. Die Burschen mußten täglich sechs Dreier Schlafgeld und auch die Nahrnng, die sie nahmen, bezahlen, und der größte Theil der Gegenstände, die sie stahlen, wurde der Wittwe überliefert, die für ihre Unterbringung sorgte.
Nassau's Größe und Macht. Die uassauische Polizei hat die zu Köln aufgefordert, der Kölnischen Zeitung eine Verwarnung zu ertheilen; ingleichen hat sie an das Frankfurter Journal und die Neue Frankfurter Zeitung eine Verwarnung gerichtet! Sie soll sogar, erzählt man, noch stärkere Proben ihrer Macht abgelegt und, da sich englische Zeitungen erfrechen, von den neuesten Selbstmorden in Wiesbaden zu sprechen und gegen die Spielbanken zu schreiben, eine Note an Lord Russell abgesandt und ihm befohlen haben, die Times und den Punch zu verwarnen. Für den Fall, daß der Lord sich weigert, den Befehl zu vollziehen, ist der Abbruch der diplomatischen Beziehungen und die Ausrüstung eines Panzerschiffes angedroht.
Nach den Mittheilungen des Pariser Observatoriums ist von dem 25. bis zum 27. December in Spanien und Südfrankreich eine ungeheure Masse Schnee gefallen. In Madrid lag er 40 Centimeter hoch in den Straßen, so daß die Wagen nicht mehr fahren konnten. Die Fahrten auf den spanischen Bahnen mußten an jenem Tage .eingestellt werden. An einzelnen Punkten von Südfrankreich, wie in Cette, Narbonne, Carcassonne, betrug der Schneefall auf freiem Felde 50 Centimeter. Auch die französischen Bahnzüge blieben am 27. Deccm- ber aus.
Ans Linz, 20. December, berichtet der dortige Anzeiger folgende mysteriöse Geschichte: „Der seit längerer Zeit von einem Lungenleideu befallene Hauptmann in Disponibilität, Herr Stütz, welcher heute beerdigt wurde, hatte kurze Zeit vor seinem vorgestern erfolgten Ableben eine jener unerklärlichen Todesahnungen, von welchen uns nicht bloß das häusliche Leben, sondern auch beinahe die Geschichte aller Zeiten und Völker so viele merkwürdige und verbürgte Beispiele aufbewahrt. Es träumte ihm nämlich, man klopfe au seine Zimmerthüre, worauf er öffnete und einen langen, hagern, dunklen Mann erblickte, der ihm schweigend einen Bogen überreichte, auf welchem die Todestage mehrerer Menschen und unter diesen auch sein eigener, auf den 18. December 1864 angesetzt, verzeichnet standen. Mit der ruhigen, gefaßten Kaltblütigkeit eines Kriegers theilte der Hauptmarm diesen Traum seinen Angehörigen, vielen Freunden und Bekannten mit, sprach aber dabei auch zugleich seine feste Ueberzeugung aus, daß dieser Traum seine volle Bedeutung habe und eine wirklich unbezweifelte Todcsbot- schaft sei. Bon dieser Ueberzeugung brachte ihn keine Einsprache, keine Widerrede ab. Noch am 17. December befahl er, Uniform und Degen sorgfältig und blank für den Sarg zu Putzen, und verschied — am 18. December.
Der Bericht des General-Postmeisters der vereinigten Staaten enthalt einige statistische Angaben, welche auch für das correspondirende Publikum Europas der Beachtung werth sind. Im Laufe des vorigen Jahres sind der Post nicht weniger als 3,508,325 Briefe zur Beförderung zugekommen, deren Adressaten nicht ausfindig zu machen waren ; thcils fehlte die Adresse gänzlich, theils war sie unvollständig oder falsch angegeben. Tausende dieser „todten Briefe" gelang eS freilich, den Absendern wieder znzusenden; doch in den meisten Fällen war auch dies nicht möglich. Viele enthielten Geld, Wechsel, Anweisungen, Juwelen oder andere Werthgcgenstände. Welche Verluste und Leiden das Ausbleiben mancher Briefe im Refolge haben muß, läßt sich nicht berechnen. Die Zahl der aus der alten Welt nach der neuen gerichteten unbestellbaren Briefe ist keine geringe.
Die Christnacht im Zillerthale. Man schreibt der „Inn-Zeitung" von dort: Ein prächtiges Schauspiel gewährt die heilige Nacht im Zillerthale. Die Ankunft des Herrn wird bei jedem auch noch so vereinzelt stehenden Hause durch Abfeuern von Freudenschüssen aus Pistolen, Büchsen, ja Pollern vom Eintritt der Dunkelheit bis zur
